Kirche

Foto  Kirche

Die Hausener Kirche ist – neben dem Schloss – sicherlich das geschichtlich, kulturgeschichtlich und architektonisch bedeutendste Gebäude des Ortes.

Bauwerk

Das Alter der Kirche konnte bisher zwar nicht ganz genau bestimmt werden, doch erlauben einzelne bauliche Details den Schluss, dass die Baugeschichte dieser Kirche bis in die Zeit der Romanik, d.h. bis ins 13. Jahrhundert zurückreicht.

Durch einen im Jahre 1900 vollendeten neugotischen Umbau der Westseite erhielt die Kirche ihr heute prägendes, außerordentlich reizvolles Aussehen. Sie ähnelt eher  einer englischen Dorfkirche als den sonst in Nordhessen anzutreffenden ländlichen Kirchen und hat damit eine vom Architekten (Dr. Gustav Schönermark aus Kassel) und den Auftraggebern vermutlich nicht unbeabsichtigte architektonische Alleinstellung im näheren und weiteren Umfeld.

Gruft

Bemerkenswert  ist auch der schlichte, erkennbar zum älteren, wenn auch wohl nicht ältesten Baubestand der Kirche zählende Anbau an der Nordostecke der Kirche. Er beherbergt eine durch eine Tür vom Chor der Kirche aus zugängliche Familiengruft der Freiherren v. Dörnberg. Auch diese Gruft darf für sich Seltenheitscharakter beanspruchen. Sie soll hier, weil sie nicht besichtigt werden kann, kurz beschrieben werden. Es handelt sich nicht etwa um eine unterirdische Gruft, sondern um einen bis ca. zu seiner halben Höhe unter das äußere Bodenniveau vertieften, in Gewölbeform gemauerten Raum. Dieser ist, abgesehen von einem rechts hinter der Zugangstür befindlichen größeren Wappengrabstein aus Sandstein für Burkhard v. Dörnberg (1588 bis 1659) und zwei in die Stirnwand eingelassenen kleineren farbigen Wappengrabsteinen für zwei seiner bereits im frühen Kindesalter verstorbenen Töchter (auf einem ist noch das Todesjahr 1624 erkennbar), nicht weiter ausgeschmückt. Drei dicht unter der Gewölbedecke  und deutlich über dem äußeren Bodenniveau in den Wänden angebrachte, doppelt vergitterte und zum Teil offene ovale Fensteröffnungen lassen Luft und Tageslicht herein. Auf dem mit Sandsteinplatten bedeckten Fußboden stehen  auf zwei niedrigen Holzgestellen insgesamt 11 zum Teil aufwändig gearbeitete Holzsärge aus der Zeit von 1689 bis 1819.

Sie sind, mit einer Ausnahme, an den Stirnseiten mit den Initialen, Wappen und Lebensdaten der Beigesetzten bemalt. Auffallend ist der große Anteil an Kindern (7) unter den Verstobenen. Aber auch die im Alter von 60 bzw. 42 Jahren verstorbenen Eltern Wilhelms Freiherr v.  Dörnberg, des sogenannten Aufstands-Dörnbergs, ruht in dieser Gruft. Erbauer der Gruft waren vermutlich der am 18. März 1696 verstorbene Wilhelm Ludwig v. Dörnberg und seine Ehefrau Hedwig Sophie, eine geborene Gräfin v. Kunowitz. Sie waren die Ur- Großeltern des Aufstands-Dörnbergs. Es ist zu vermuten, dass Wilhelm Ludwig in dem  größten und prunkvollsten, mit Ornamentbeschlägen reich verzierten, aber als einzigem unbeschrifteten Sarg der Gruft seine letzte Ruhe gefunden hat. Seine Witwe, die wesentlich später starb, ist nicht in Hausen begraben. Das in Stein gehauene Doppelwappen des Ehepaares befindet sich über dem Eingang zur Gruft.

In dessen Türsturz ist die Jahreszahl 1696 eingemeißelt. Da in der Gruft auch 3 Kinder der Eheleute Dörnberg / Kunowitz beigesetzt sind, von denen zwei bereits im Jahre 1689 und eines im Jahre 1694 verstorben waren, stellt sich die Frage, ob die Jahreszahl 1696 tatsächlich auf einen Neubau oder nur auf die Vollendung eines Umbaus einer schon vorhandenen Vorgängeranlage verweist, die diese Särge schon früher aufgenommen hatte. Die vorerwähnten in die Stirnwand der Gruft eingelassenen  Grabsteine der Töchter des Burkhard v. Dörnberg und dessen eigener Grabstein nennen sogar ca. 72  bzw. 37 Jahre vor dem Jahre 1696 liegende Sterbedaten. Es ist jedoch durchaus möglich, dass sie erst zu einem späteren Zeitpunkt in die Gruft verbracht wurden.

Wahrscheinlicher bleibt daher, dass die Zahl 1696 sich – wie auch bisher schon angenommen – auf den Abschluss eines Neubaus bezieht, der wegen Platzmangels im Inneren der Kirche erforderlich wurde, und dass bis zu seiner Vollendung die Särge der 3 Kinder und möglicherweise auch der ihres Vaters, der, wie schon erwähnt, bereits am 18. März 1696 verstorben war, anderweitig, vielleicht in der unter dem Chor zu vermutenden älteren Grablege der Dörnbergs, verwahrt wurden.

Grabsteine

Die Innenausstattung der Kirche enthält ebenfalls viele Bezüge zur Patronatsfamilie der Freiherren v. Dörnberg. Hier seien zunächst die 8 in die Südwand und die Wände des Chorraums eingelassenen, zum Teil in sehr guter handwerklicher Qualität gefertigten wappengeschmückten Grabsteine von Mitgliedern dieser Familie aus dem 17. Jahrhundert (1608 bis 1667) erwähnt. Sie stammen alle aus der Zeit vor dem Anbau der neuen Gruft. Der Überlieferung nach bedeckten sie den Boden des Chorraums und wurden erst anlässlich des Umbaus der Kirche im Jahre 1900 aufrecht in die Wände eingemauert. Unter ihnen befinden sich auch die Grabsteine der Mechthild v. Dörnberg, geb. v. Keudel (1598 bis 1662), der Ehefrau des bereits erwähnten Burkhard v. Dörnberg, sowie weiterer 3 Kinder dieses Ehepaares, darunter einer verheirateten Tochter (v. Dalwigk).  Es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass die heute monochromen Grabsteine im Chorraum ursprünglich farbig bemalt waren. Die beiden Kindergrabsteine in der Gruft, die noch Spuren ihrer früheren farbigen Fassung aufweisen, legen diese Vermutung ebenso nahe, wie die zeitgleichen farbigen Grabsteine in der Kapelle der Burg Herzberg.

Auch außerhalb der Kirche, an deren Südwand, befinden sich kulturhistorisch wertvolle und erhaltenswerte Grabsteine. Vier von ihnen fallen durch ihre einheitliche Gestaltung auf. Sie stammen aus dem 18. Jahrhundert und erinnern an Mitglieder der Familie Gutberlet, der damaligen Verwalterfamilie auf dem Hofgut. Ein fünfter Stein unterscheidet sich in Größe, Material und Form deutlich von den anderen, ist aber leider wegen fortgeschrittener Verwitterung seines Textes nicht mehr zuordenbar. Bereits in dem verdienstvollen Werk „Spurensuche, kulturhistorischer Wegweiser nach Hausen mit Sprachführer“ von Hans Günther und Jens Malte Bickert aus dem Jahre 1999 wird die fortschreitende durch die exponierte Aufstellung bedingte Verwitterung dieser Grabsteine beklagt. Den Verantwortlichen sei dieser Hinweis nochmals ans Herz gelegt.

Wappenbemalung der Emporen

Das Schiff der Kirche wird von der Farbigkeit der im Jahre 2007 von Grund auf restaurierten Bemalung der Holztäfelung der beiden Emporen dominiert. Hier sehen wir in den Feldern der Westempore (sie befand sich vor dem Umbau von 1900 an der Nordseite) die namentlich als solche kenntlich gemachten  Wappen des Ehepaares Carl v. Dörnberg (1544 bis 1608) und seiner Ehefrau Anna Catharina, geb. v. Schachten (1545 bis 1605). Jeweils daneben befinden sich die aufgrund der beigefügten Familiennamen identifizierbaren Geburtswappen der Mütter, Großmütter und Urgroßmütter dieses Ehepaares. Allerdings fehlen auf der Seite der Ehefrau 2 der 4 Wappen ihrer Urgroßmütter. Eine Fotografie der Kirche um ca. 1880 zeigt, dass schon an der damaligen Nordempore zwei der Felder unbemalt waren. Die Gründe für das Fehlen der Wappen sind nicht bekannt.

Die Südempore ist ebenfalls mit den Wappen eines Dörnberg‘schen Ehepaares und den Wappen seiner weiblichen Vorfahren in analoger Anordnung zu den Wappen der Westempore geschmückt. Es handelt sich bei diesem Ehepaar um Johann Caspar Freiherr v. Dörnberg (1616 bis 1680) und seine aus der Schweiz stammende Ehefrau Catherina Susanne, geb. Freiin v. Erlach. Die genauen Lebensdaten der Letzteren lassen sich den Familienaufzeichnungen, soweit sie dem Verfasser zugänglich waren, nicht entnehmen. Wir wissen nur, dass sie ihren Ehemann mindestens bis 1692 überlebte. Unter dem Allianzwappen des Ehepaares in der Mitte der Südempore finden wir die Jahreszahl 1668, die auf das Entstehungsjahr der kulturhistorisch und genealogisch gleichermaßen interessanten Wappenausmalung verweist. Die Eheleute Johann Caspar und Catherina Susanne sind übrigens die Eltern jenes Wilhelm Ludwig von Dörnberg, dessen Wappen sich über der Gruft befindet.

Fenster

Auch das 1901 gestiftete, heute in der Nordwand der Kirche befindliche farbige Fenster des predigenden Christus verweist durch seine Stifterwappen auf die Patronatsfamilie (Hugo I Freiherr v. Dörnberg und seine Ehefrau Cäcilie, geb. Rabe v. Pappenheim).

Orgel

Ein besonderes Schmuckstück der Kirchenausstattung in Hausen ist auch die heute auf der Westempore befindliche Orgel. Sie wurde zwar erst 1880 von dem (während seiner Arbeit verstorbenen und auf dem Hausener Friedhof beigesetzten) Orgel-Baumeister Georg Friedrich Wagner aus Hersfeld gebaut, doch stammt ihre geschnitzte und zum Teil vergoldete barocke Einfassung mit zwei Engelshäuptern und –flügeln an den Seiten erkennbar von einer älteren Orgel. Möglicherweise handelt es sich hierbei sogar noch um die Einfassung der frühesten uns überlieferten Hausener Orgel von Meister Conrad Lautenbach aus Angersbach aus dem Jahre 1688.

Altar

Der steinerne Altartisch, der aus einer Altarplatte besteht, die auf vier rechteckigen gedrungenen Pfeilern ruht, beeindruckt durch seine schlichte Ausgewogenheit. Er ist  zeitlich spätestens der Renaissance, vermutlich aber einer noch früheren Zeitepoche zuzuordnen.

Hinter dem Altartisch befindet sich vor der Ostwand des Chores ein hölzerner Untersatz, auf dem ein gemalter Flügelaltar steht. Dieser wurde nach umfassender Restaurierung erst im Jahre 1951 in der Kirche aufgestellt. Optisch ist die Anordnung so geschickt gewählt, dass vom Kirchenschiff aus gesehen der Flügelaltar wie ein Aufsatz des Altartisches wirkt. Der Flügelaltar ist von hervorgehobener kunsthistorischer, aber auch genealogischer Bedeutung. Er zeigt  im Mittelteil den hoch aufragenden gekreuzigten Christus vor einem schwarz verhangenen Himmel mit einer Reihe phantasievoller Bauten im Hintergrund, die wohl das himmlische Jerusalem darstellen. Vom Betrachter aus gesehen links knien neben dem Kreuz  anbetend  ein älterer und ein jüngerer Mann in Rüstung und ein Knabe, während auf der rechten Seite 6 Frauen, einheitlich in der Tracht des ausgehenden 16. bzw. beginnenden 17. Jahrhunderts gekleidet, ebenfalls kniend den Gekreuzigten anbeten. Unter dieser Szene sind, quer über die ganze Breite des unteren Teils des Altarbildes verlaufend, 5 perspektivisch widergegebene kleine Tische gemalt. An den Längs- und Stirnseiten der Tische sitzen Kinder verschiedenen Alters, gleichfalls in zeitgenössischer, von Tisch zu Tisch sich farblich unterscheidender Tracht. Während die Mädchen – wie ihre Mütter auf dem Oberteil des Bildes –  einen plissierten Rundkragen tragen, sind die Krägen der Knaben – wie die ihres Großvaters und seiner beiden Söhne – flach und vorne  offen. Über den Tischen sehen wir durch Überschriften erläuterte  Doppelwappen, die von rechts nach links von 1 bis 5 durchnummeriert sind. Jeweils vom Betrachter aus gesehen rechts befindet sich das damit als Ehefrau-Wappen kenntlich gemachte Wappen v. Dörnberg mit einem links daneben dargestellten Ehemann-Wappen aus den Familien 1. v. Buchenau, 2. v. Cramm, 3. Schenck zu Schweinsberg, 4. v. Berlepsch, und 5. Riedesel zu Eisenbach. Alle genannten Familien existieren übrigens noch heute. Die Ziffern 1 bis 5 finden sich zu Füßen von 5 der auf dem Hauptbild dargestellten 6 Frauen wieder.

Bei den auf dem Altarbild dargestellten Personen handelt es sich um den bereits erwähnten Carl v. Dörnberg, seine Ehefrau Anna Catharina,  ihre 7 Kinder (2 Söhne und fünf Töchter) und 32 ihrer Enkel. Die Wappen über den Kindertischen zeigen die Familien an, in die die 5 Töchter eingeheiratet hatten. Bei näherer Betrachtung fallen die kleinen roten Kreuze auf, die viele der abgebildeten Personen in ihren gefalteten Händen halten. Hieraus erkennen wir, dass Anna Catharina v. Dörnberg, deren Lebensdaten auf dem  vom Betrachter aus gesehen rechten Altarflügel mitgeteilt werden, sowie ihre beiden Söhne, deren Namen und Lebensdaten wir auf dem linken Altarflügel finden, nicht mehr lebten, als das Hauptbild des Altars gemalt wurde und dass Carl v. Dörnberg, der auf dem Hauptbild kein rotes Kreuz in seinen Händen hält und mithin bei dessen Vollendung noch am Leben war, nicht mehr lebte, als der linke Seitenflügel, der das Jahr 1608 als sein Todesjahr nennt, vollendet wurde. Wir erfahren durch die Darstellungsweise weiterhin und wissen auch aus anderen Quellen, dass mit dem Tode Carls sein Familienzweig im Mannesstamm erlosch. Mithin sind Carl und Anna Catharina v. Dörnberg zwar die Vorfahren zahlreicher heute noch lebender Personen, die von den Familien der Töchter abstammen, nicht aber die Stammeltern der heutigen Dörnbergs. Beide Eheleute sind übrigens in der Hausener Kirche begraben. Ihre Grabsteine befinden sich zwischen dem Seiteneingang und dem Chor. Von den 32 dargestellten bis zum Tode Carls geborenen Enkelkindern des Ehepaares lebten bei Fertigstellung des Hauptbildes nur noch 21, die, sofern sie erwachsen wurden, mitten in die Schreckenszeit des 30jährigen Kriegs gerieten und zum Teil, wie aus anderen Zusammenhängen bekannt, in diesem an Seuchen starben bzw. gewaltsam ums Leben kamen.

Wer der oder die Auftraggeber dieses bemerkenswerten Altars waren, lässt sich ohne weitere urkundliche Belege nur mutmaßen. Folgt man dem Hauptbild des Altars, auf dem Carl im Gegensatz zu seiner Frau noch nicht als verstorben gekennzeichnet ist, so könnte er noch persönlich den Altar nach dem Tode seiner Frau im Jahre 1605 in Auftrag gegeben haben. Andererseits ist aber, da auf dem linken Seitenflügel das Todesdatum Carls angegeben wird,  auch nicht ganz auszuschließen, dass erst die Töchter und deren Ehemänner das Epitaph nach dem Tode Carls, also frühestens 1608, aber auf jeden Fall noch vor 1613, dem Todesjahr der zuerst verstorbenen Tochter (Margarethe v. Berlepsch, Nr. 4) malen oder vollenden ließen. Der breite Raum, der der Darstellung nicht nur der Töchter, sondern auch ihrer standesgemäßen Heiraten und  insbesondere auch ihrer Kinder eingeräumt wird, spricht für eine gewisse Mitsprache der Töchter bei der Konzeption des Altarbildes. Schließlich könnten die Töchter aber  auch nur den Rahmen, den Aufsatz und die Seitenflügel des bereits zu Lebzeiten Carls vollendeten Altargemäldes haben anfertigen lassen.

Nachdenklich stimmen die zahlreichen Bibelverse, die wir sowohl auf dem gemalten Altar und seinen Flügeln, als auch auf den ihn im Chorraum umgebenden Grabsteinen finden. Sie künden von großem Leid, aber auch von unerschütterlichem Glauben vergangener Generationen und ihrem Vertrauen auf Gott.

Ausmalung des Chors

Wesentlich älter als die bisher geschilderte Ausstattung der Kirche ist die leider nur fragmentarisch und sehr verstümmelt erhaltene Ausmalung des Chors. Ihre Entstehungszeit reicht ins vorreformatorische 15. Jahrhundert und vielleicht sogar ins 14. Jahrhundert zurück. Es ist anzunehmen, dass sie zur Zeit des Landgrafen Moritz des Gelehrten  (er regierte von 1592 bis 1627) anlässlich der Einführung des reformierten Glaubens in Nordhessen in den Jahren 1605 bis 1607 und im Zuge der damit einhergehenden Bilder- und Kunstvernichtung in den Kirchenräumen übertüncht und verputzt wurde. Vielleicht ist sie aber auch erst nach Beschädigungen im 30jährigen Krieg den Kirchenrenovierungen Ende des 17. Jahrhunderts (1668/1696 siehe oben bei „Wappenbemalung“  und  „Gruft“) zum Opfer gefallen. Jedenfalls wurde sie erst in den  Jahren  1965 und 1966 in Restbeständen wieder freigelegt und dabei wohl auch zum Teil interpretierend ergänzt.

An der südlichen Innenwand des Chorraums ist noch schemenhaft eine Christophorusfigur mit dem Christusknaben auf den Schultern zu erkennen. Er dürfte sich in Hausen, worauf H.G. Bickert im Schwälmer Jahrbuch 2010, Seite 116 ff. hinweist, angesichts der Lage des Ortes an „einem Knotenpunkt ehedem wichtiger Verkehrswege“… „als Patron der Pilger, Reisenden und Fuhrleute“ einer besonderen Verehrung  erfreut haben. Die zwei unvollständig erhaltenen Gestalten in langen Gewändern mit Heiligenscheinen an der Ostwand rechts hinter dem Altar werden von H.G. Bickert a.a.O. aufgrund noch erhaltener Überlieferungen zur seinerzeit wohl ähnlich ausgemalten Kirche in Langenstein bei Kirchhain als die Heiligen Jakobus und Anna gedeutet.

Das Bildprogramm der Deckenbemalung des Chors kann neuerdings, trotz seines ebenfalls lückenhaften und schlechten Erhaltungszustandes, wohl mit hinlänglicher Sicherheit entschlüsselt werden. In den 4 Feldern zwischen den Kreuzrippen des Chorgewölbes sind medaillonartig in heute ockerfarbener und früher vielleicht einmal gelber, runder zum Teil mit roten Punkten besetzter Umrandung vier verschiedene figürliche Symbole gemalt, von denen drei erkennbar fabelartige Tiere darstell(t)en. Während ein geflügelter Löwe im westlichen Deckenfeld des Chorgewölbes noch verhältnismäßig gut und auch ein vogelartiges Wesen im nördlichen Deckenfeld mit einiger Phantasie immerhin noch als solche erkennbar sind, sind die geringen Reste der Darstellung im östlichen Deckenfeld aus sich heraus nur schwer zu deuten. Sie lassen aber immerhin den Faltenwurf eines Gewandes erkennen. Die vierte Darstellung im südlichen Deckenfeld zeigt bei im Übrigen vernichteter Bemalung relativ deutlich ein rotes vierbeiniges Tier, das einem Pferd ähneln könnte.  H.G. Bickert deutet es daher vorzugsweise als das rote Pferd des zweiten Reiters der Apokalypse (Offenbarung 6,4). Da jedoch von dem  dazugehörigen Reiter nicht die geringste Andeutung erkennbar ist, geschweige denn in den anderen Medaillons irgendeine Spur von den weiteren  Reitern der Apokalypse, muss sich diese Deutung allein auf die Pferdeähnlichkeit dieses Tieres stützen. Diese könnte aber auch einer gewissen Unbeholfenheit des Malers oder der weitgehenden Vernichtung der übrigen Ausmalung dieses Medaillons oder auch der Restaurierung geschuldet sein. Die Deutung des Tieres als das zweite Pferd der Apokalypse würde zudem eine Reihe von Fragen zur Deutung des Zusammenhangs mit den anderen drei Darstellungen nach sich ziehen, die mehr Zweifel schaffen als beseitigen würden. Sollte es sich dagegen um die Reste der Darstellung eines Stieres handeln, worauf im folgenden noch näher eingegangen werden soll, so würde sich die Vermutung aufdrängen, dass  es sich bei den Ausmalungen des Hausener Chorgewölbes  um die Attribute der vier Evangelisten handelt(e), nämlich den Stier des Lukas im Süden, den Adler des Johannes im Norden, den Menschen (Engel) des Matthäus im Osten und den Löwen des Markus im Westen, eine Vermutung, die übrigens auch H.G. Bickert (Spurensuche S. 16) als alternative Deutung in Betracht zieht.

Näheren Aufschluss über die Plausibilität der vorstehenden Vermutung könnte ein Vergleich mit dem hervorragend erhaltenen Bildprogramm im Chor der Kirche zu Ober-Widdersheim bei Nidda geben.  Der Ort Ober-Widdersheim gehörte im frühen Mittelalter  – wie Hausen – zum Besitz des Klosters Fulda und war zudem lange Zeit ein  Lehen der Grafen von Ziegenhain. Die Baugeschichte seiner Kirche reicht auch – wie in Hausen – ins 13. Jahrhundert zurück. Ihr Chor wurde Ende des 15. Jahrhunderts, d.h. also auch vor der Reformation, gotisch umgebaut und ausgemalt. Ein ikonographischer Vergleich der Ausmalungen beider Kirchen erscheint daher zulässig.

Die Ausmalung in Ober-Widdersheim zeigt uns, durch Namensschriftbänder eindeutig ausgewiesen, die Attribute der vier Evangelisten. Die Figuren sind allerdings nicht medaillonartig gefasst, sondern füllen – in beachtlicher  handwerklich / künstlerischer Ausführung –  das jeweilige von den Kreuzrippen abgegrenzte Deckenfeld des Viereckchors vollständig aus. Anders als in Hausen, befinden sich jedoch der Löwe im nördlichen und der Adler im westlichen Deckenfeld, während der Mensch (Engel) das südliche und der Stier das östliche Feld einnehmen.

Bei allen Unterschieden zu Hausen dürfte aber doch das eindeutig identifizierbare Bildprogramm von Ober-Widdersheim den entscheidenden Hinweis für eine schlüssige Deutung der Hausener Deckenbemalung liefern. Folgt man der Ober-Widdersheimer Ikonographie, so lassen sich die Ausmalungsfragmente im östlichen Deckenfeld in Hausen zwanglos als Teile des sich über den Knien verändernden  Faltenwurfs des Gewandes der dem Evangelisten Matthäus zuzuordnenden geflügelten menschlichen Figur deuten. Das rudimentäre rote Tier im südlichen Deckenfeld wäre dann kein Pferd, sondern der malerische Überrest des Stiers des Lukas. Gestützt wird diese Deutung dadurch, dass auch der Stier in Ober-Widdersheim in roter Farbe ausgeführt ist, ein Beleg dafür, dass die rote Farbe nicht zwangsläufig auf eines der apokalyptischen Pferde verweisen muss. Eine weitere Parallelität der Bildprogramme ergibt sich zudem aus dem Blüten-Rankenwerk, mit dem die Freiflächen zwischen den Symbolen ausgemalt sind, sowie daraus, dass alle vier Darstellungen in Hausen wie ihre Pendants in Ober-Widdersheim mit gut erkennbaren, wenn auch nicht mehr beschriebenen, Schriftbändern versehen sind. In ihnen werden sich ursprünglich ebenfalls die Namen der vier Evangelisten befunden haben.

Ob der Hausener Maler sich darüber hinaus noch intensiver mit den biblischen Text-Ursprüngen und der theologischen Bedeutung der den Evangelisten zugeordneten Symbole auseinandergesetzt hat, als der Urheber der Darstellungen in Ober-Widdersheim, mag der Betrachter anhand der einschlägigen Bibeltexte (Hesekiel 1, 10 ff; Offenbarung 4, 5 ff.) selbst entscheiden. Sowohl die Rundfassung (Radform?) der Symbole, als auch die zahlreichen Punkte (Augen?) sowie der Flammenkranz um das Antlitz im Zentrum der vier Symbole lassen gedanklichen Spielraum in dieser Richtung. Geht man jedoch davon aus, dass der Schlussstein des Chorgewölbes im Zentrum dieser Bemalung das Antlitz Christi zeigt, so sind die Flammen als der Strahlenkranz einer Sonne zu deuten. Weniger wahrscheinlich ist eine Deutung des Strahlenkranzes als Hinweis auf die Ausgießung des Heiligen Geistes zu Pfingsten (Apostelgeschichte 2, 1 ff), da dann der Schlussstein wohl eher eine den Heiligen Geist symbolisierende Taube dargestellt hätte.

Glocken

Eine Beschreibung der Hausener Kirche wäre unvollständig ohne einen Hinweis auf ihre beiden Glocken. Sie stammen vermutlich spätestens aus dem 14. Jahrhundert und zählen damit zu den ältesten Ausstattungsstücken der Kirche.  Die größere Glocke ist mit einer lateinischen Inschrift AMMA O REX GLORIE VENI CUM PACE (frei übersetzt: Gegrüßest seist Du Maria, erhabene (Gottes)mutter. O Ruhmeskönig komme mit Frieden) und verschiedenen kleineren Reliefs geschmückt, die noch ihrer endgültigen Deutung harren. Die kleinere der beiden Glocken ist schmucklos.

Seit vielen Jahrhunderten rufen beide Glocken die Gläubigen zu freudigen und traurigen Ereignissen, zu Andacht und Gebet, zu stiller Einkehr, zu den christlichen Feiertagen und zur sonntäglichen Verkündigung von Gottes Wort. Sie erinnern uns daran, dass die Hausener Kirche bei allem äußeren geschichtlichen und kulturhistorischen Reiz das religiöse Zentrum des Ortes und ein Gotteshaus ist und fordern jeden einzelnen von uns auf, dazu beizutragen, dass dies auch in Zukunft so bleiben wird.

4 .4.2010, H. Frhr. Schenck z.S.

 

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