Ich habe letzte Woche die Infoveranstaltung mit der Studie zur Fusion unserer Kommunen besucht. Ich musste mit Erschrecken feststellen was da so alles erzählt wurde.
Es geht schon damit los, dass die Gebühren für Wasser und Abwasser für die drei Kommunen so bleiben sollen wie sie sind. Auf meine Nachfrage, warum dies so ist, wurde mir tatsächlich gesagt, wir können die Gebühren erstmal nicht angleichen, da man sonst gleich die Abstimmung absagen könnte, da Neukirchen dann gegen die Fusion stimmt. So etwas ist, entschuldigen Sie den Ausdruck, Verarsche der Bürger.
Es soll mit allen Mitteln eine Fusion durchgedrückt werden, so etwas ist unglaublich. Übrigens liebe Neukirchener und Oberaulaer, die Gebühren sollen später einmal angeglichen werden. Laut Studie, Stand 2021-22, hätte die neue Stadt nach der Fusion eine Million Euro mehr zur Verfügung wie jetzt, da fünf Mitarbeiter abgebaut werden könnten. Stimmt schon nicht mehr, da es Stand jetzt, fünf Mitarbeiter mehr sein müssen. Auf die Frage, welche negativen Punkte es für die Bürger gibt, hieß es „Keine“ und im schlechtesten Fall würde es für uns alle so bleiben wie es ist. Spätestens jetzt muss es jedem klar denkenden Menschen auffallen, dass da was nicht stimmt.
Es kann nicht sein, dass es keine negativen Punkte gibt, nur weil keine aufgeführt werden. Anscheinend sollen wir wirklich zu einem Ja bei der Abstimmung gelenkt werden. In meinen Augen ist dies eine „Gelenkte Studie“, da es einen Lenkungsausschuss gibt. Wenn etwas so anfängt, kann es nichts Gutes werden. Das Vertrauen ist jetzt schon weg.
Gert Kurz, Schorbach
Ebenfalls zur geplanten Gemeindefusion, über die am Europawahltag, 9. Juni, abgestimmt wird
Am 21. März habe ich die Bürgerversammlung zur Zusammenlegung der Kommunen Neukirchen, Oberaula und Ottrau besucht. Leider ist mein Statement im HNA-Artikel vom 23. März nicht veröffentlicht worden. Deshalb dieser Leserbrief.
Thomas Fiedler stellte die Ergebnisse seiner Studie dar. Auf einer Folie kam zum Ausdruck, dass Neukirchener Bürger ohne Hund keine finanziellen Vorteile hätten. Ich habe zwei Studien gefunden, die sogar eher Nachteile bei einer Fusion gefunden haben.
Der Schweizer Professor Christoph Schaltegger beschäftigt sich seit langem mit Kommunalfusionen. Im Interview mit Oberhessen-live erklärt er, warum er die meisten Zusammenlegungen für überflüssig hält – und warum viele sogar schädlich sind. Die deutschen Forscher Sebastian Blesse und Felix Rösel kommen nach dem Sichten vieler verschiedener Untersuchungen ebenfalls zu dem Entschluss: Gespart wird durch Fusionen so gut wie nie, dafür aber nimmt nachweislich die Demokratieverdrossenheit der Bürger zu. Stärkerer Zuwachs für Rechtspopulisten und eine schlechtere demokratische Kontrolle der Verwaltung, die somit mehr Geld für unsinnige Projekte ausgeben kann, sind demnach als Folgen von Fusionen zu beobachten.
Die Bürger sind weniger zufrieden mit der Demokratie und gehen seltener zur Wahl, und die Ungleichheit zwischen den Ortsteilen nimmt zu. Die komplette Studie kann im Internet unter „Was bringen kommunale Gebietsreformen? Kausale Evidenz zu Hoffnungen, Risiken und alternativen Instrumenten“ gelesen werden.
Dr. Martin Fabritz, Neukirchen