Alle Feuerwehren an einem Stützpunkt
Oberaula plant einen Zusammenschluss der Ortsteilwehren
Die Oberaulaer Feuerwehren wollen sich zu einer gemeinsamen Wehr zusammenschließen und einen zentralen Stützpunkt einrichten.
Brände und Unfälle passieren nicht nur nach Feierabend. Doch gerade kleinere Feuerwehren haben Probleme, tagsüber auszurücken, weil nicht genügend Einsatzkräfte vor Ort sind. Mit Blick auf die Tagesalarmsicherheit und die sinkenden Zahlen bei Bevölkerung und Einsatzkräften haben die Freiwilligen Feuerwehren der Gemeinde Oberaula einen ungewöhnlichen Weg beschritten, der auch für die Wehren im Landkreis Hersfeld-Rotenburg interessant sein könnte. Sie wollen sich zu einer gemeinsamen Wehr zusammenschließen und einen zentralen Stützpunkt einrichten.
Gemeinsamer Plan: Gemeindebrandinspektor Michael Becker aus Oberaula (rechts) und seine Stellvertreter Alexander Kurz und Jörg Reichmann (von links) planen eine zentrale Feuerwache für die ganze Gemeinde. Unser Bild entstand im Feuer- wehrhaus Wahlshausen. © Christine Zacharias
„Wir planen nur für uns, nicht für andere Kommunen“, betont der stellvertretende Gemeinde- brandinspektor Alexander Kurz. Und Gemeindebrandinspektor Michael Becker macht deutlich, dass solche Überlegungen überhaupt nur in Gemeinden möglich seien, wo die geografischen Voraussetzungen so seien, dass alle Orte innerhalb der vorgeschriebenen Rettungsfrist von zehn Minuten erreicht werden könnten. Den geplanten Zusammenschluss wollen die Oberaulaer nicht übers Knie brechen. Seit Jahren führen Becker und seine Stellvertreter Alexander Kurz und Jörg Reichmann vorbereitende Gespräche, um die Position der Feuerwehren aus den Ortsteilen abzuklären und Überzeugungsarbeit zu leisten – meist mit Erfolg. Wichtig ist den Führungskräften dabei die Freiwilligkeit. Wer nicht mitmachen will, bleibt selbstständig. In Olberode wird das wohl der Fall sein. Beim Brandschutzamt in Homberg stießen die Pläne der Oberaulaer zunächst auf große Skepsis. Schließlich planen die Gemeindebrandinspektoren den Zusammenschluss zu einer Zeit, wo die Personalsituation noch einigermaßen stabil ist. Inzwischen gebe es vonseiten des Schwalm-Eder-Kreises aber gute Unterstützung, freut sich Michael Becker.
Wehren aus Ortsteilen fusionieren
Im Landkreis Hersfeld-Rotenburg gibt es derzeit keine Überlegungen für zentrale Feuer- wehrstützpunkte in den Gemeinden. Das erklärt der stellvertretende Kreisbrandinspektor Martin Orf auf Anfrage unserer Zeitung. Allerdings gebe es immer wieder Zusammenschlüsse von kleineren Wehren. Die würden auch vom Land bezuschusst, wenn es Synergieeffekte gebe, zum Beispiel beim Feuerwehrhaus oder den Fahrzeugen. Die Tagesalarmbereitschaft sei auch im Landkreis Hersfeld-Rotenburg ein Problem, vor allem in kleineren Dörfern, betont Martin Orf. Bei Zusammenschlüssen müsse aber immer auch vorgeschriebene Rettungsfrist von zehn Minuten im Blick behalten werden. In Flächengemeinden sei eine Zentralisierung deshalb kaum möglich. Trotzdem: „Die Feuerwehren müssen sich umorientieren. Es wird nicht besser werden.“
Zunächst alle überzeugen
Wenn es um die Feuerwehr im Dorf geht, dann gibt es – trotz Internet und Globalisierung – viel Lokalpatriotismus. Wer so viel Freizeit für Ausbildung und Übungen investiert und bei Einsätzen sein Leben riskiert, tut das oft auch aus Heimatverbundenheit. Bei Zusammenschlüssen von Feuerwehren sind deshalb nicht nur praktische Erwägungen, sondern auch emotionale Befindlichkeiten und mögliche Rivalitäten zwischen Dörfern zu berücksichtigen.
So war es zum Beispiel, als die Zusammenlegung der Wehren von Asbach, Beiershausen und Kohlhausen ins Gespräch kam. Dagegen gab es in Kohlhausen massive Widerstände. Ein Teil der Brandschützer ist in der Folge aus der Feuerwehr ausgetreten.
Die Vorbereitung
Um die Fallstricke und Befindlichkeiten wissen auch die Gemeindebrandinspektoren (GBI) von Oberaula. Deshalb haben sie sich von vorneherein viel Zeit für das Thema Fusion gelassen und immer wieder auf allen Ebenen Überzeugungsarbeit geleistet. Ganz wichtig ist ihnen auch die Freiwilligkeit. „Wer nicht will, der wird nicht gezwungen“, betont Gemeindebrandinspektor Michael Becker. Olberode wolle selbstständig bleiben und das sei auch okay so.
Die Alarmierung
Unabhängig von der geplanten Zentralisierung gebe es auch noch Fusionsbestrebungen einzelner Wehren, zurzeit zwischen Ibra und Hausen. In Hausen gebe es noch relativ viel Personal, „aber tagesalarmsicher sind die auch nicht“, stellt Alexander Kurz, der stellvertretende GBI fest. Tagsüber müsse eigentlich immer auch der Kernort Oberaula alarmiert werden, wo viele der Feuerwehrleute arbeiteten.
„Bei den Ortsteilwehren stehen bei der Alarmierung oft nur drei bis vier Leute da. Manchmal fehlt der Fahrer, manchmal eine Führungskraft“, beschreibt Jörg Reichmann, ebenfalls stellvertretender GBI, die Situation. Dann könne die Wehr oft nicht ausrücken.
Die zentrale Wache
Bei einer zentralen Wache würden die Fahrzeuge dann eben nach Erscheinen der Einsatzkräfte besetzt, erläutert Reichmann. Da bereits bei der Ausbildung intensiv zusammengearbeitet werde, würden sich die Feuerwehrleute auch untereinander kennen.
Was ebenfalls für eine zentrale Stützpunktwache in Oberaula spricht, ist der Zustand der Feuerwehrhäuser in den Dörfern. Die seien alle massiv erneuerungsbedürftig, erklärt Becker. Häufig gebe es keine beheizbaren Umkleidemöglichkeiten, oft zu wenig Platz für die Fahrzeuge und auch die gesetzlichen Anforderungen würden meist nicht erfüllt. Die Gemeinde müsste also ohnehin viel Geld in die Hand nehmen, das nun in den Neubau einer zentralen Wache investiert werde. Die Feuerwehrhäuser in den Ortsteilen würden dann stillgelegt, die Feuerwehrvereine, in der Regel wichtige Kulturträger im Dorf, sollen jedoch erhalten bleiben.
Die Fahrzeuge
Die notwendige Fahrzeugausstattung für den zentralen Stützpunkt haben die Oberaulaer bereits mit dem Brandschutzamt in Homberg und dem Ministerium abgestimmt. Insgesamt fünf Fahrzeuge sind vorgesehen, davon drei Löschfahrzeuge. Zwei größere Fahrzeuge müssten noch angeschafft werden, plus eines für Olberode.
Der Zeitplan
Ende September steht der Grundsatzbeschluss für die geplante Fusion auf der Tagesordnung der gemeinsamen Jahreshauptversammlung. Derzeit läuft bereits die Suche nach einem geeigneten Standort. Auch mit Planungsfirmen hat die Gemeinde bereits Kontakt aufgenommen, um den finanziellen Rahmen abstecken zu können. Ziel sei, so erklären die Gemeindebrandinspektoren, in einem Jahr den Bauantrag zu stellen und die Förderung zu beantragen. „Wenn’s gut liefe, könnten wird 2020/21 anfangen, sagt Michael Becker.
Die Gemeindevertretung hat in ihrer jüngsten Sitzung einen Grundsatzbeschluss gefasst, mit dem sie die Fusionspläne der Freiwilligen Feuerwehren unterstützt.
Beengte Verhältnisse: Umkleideräume gibt es kaum für die Oberaulaer Feuerwehrleute. Wie hier in Wahlshausen müssen sich die meisten in der ungeheizten Garage umziehen, auch im Winter bei Minusgraden. © Christine Zacharias