Über acht Jahre waren die Kirchenglocken stumm
Heute vor 20 Jahren endete das Geläut aus Lautsprechern
Zur Kirche gehört ein Kirchturm – auf dem Kirchturm ein Wetterhahn – und im Kirchturm Glocken – die müssen natürlich läuten.
Von 1995 bis zum 22.06.2003 (heute vor 20 Jahren) waren die beiden 300 und 400 Kilogramm schweren Bronzeglocken stumm. Die Schwingungen der schweren Glocken erschütterten den Dachreiter so stark, dass diese mit bloßem Auge sichtbar war.
Als die ehemalige Schlosskapelle der Freiherrn von Dörnberg im Mittelalter gebaut wurde, verwendeten die Handwerker offenbar gebrauchtes Holz. Einige Balken des Dachreiters haben breite Kerben, in die sich früher wohl Querbalken fügten. Eindringende Feuchtigkeit und der Zahn der Zeit ließen das Gebälk im Glockenturm morsch werden. Ein Sachverständiger der Evangelischen Landeskirche Kurhessen-Waldeck verhängte daraufhin ein Läuteverbot.
Geläut vom Tonband
Da das Läuten zu kirchlichen Anlässen dazugehört, wurde von der Evangelischen Kirchengemeinde Hausen zu einer Notlösung gegriffen. Ein vorerst letztes Mal wurden die Glocken zum Klingen gebracht und der Klang auf Tonband aufgenommen. Fortan wurde das gewohnte Tagesläuten am Morgen, Mittag und Abend, zu Gottesdiensten, Hochzeiten und Beerdigungen über zwei im Glockenturm angebrachte Lautsprecher geläutet. Damit wollte sich die Hausener Dorfgemeinschaft aber nicht zufriedengeben und nahm die Initiative selbst in die Hand. Vom Ortsbeirat organisiert und von den Hausener Vereinen durchgeführt, wurde 1998 ein Dorffest für einen guten Zweck veranstaltet. Ziel dieser Aktion war es, einen finanziellen Anschub für die Renovierung des Kirchenstuhls zu erhalten.
Renovierungsarbeiten zogen sich über drei Jahre hin
Insgesamt 400.000 Euro haben die Arbeiten gekostet, zum großen Teil bezahlt von der Landeskirche. Dachbalken wurden erneuert und zusätzlich eingezogen, die Mauerkronen befestigt, auf denen das Gebälk ruht, die Fugen der Gewölbedecken über Chorraum und Gruft mit neuem Mörtel gefüllt. Auch von außen erstrahlt die Kirche ungewohnt hell: Der Außenputz wurde ergänzt – unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes. Von der alten Bausubstanz sollte erhalten bleiben, was noch stabil war. Etwa die Hälfte des Putzes habe erneuert werden müssen, schätzte der damalige für Bauangelegenheiten zuständige Pfarrer Rainer Knoth. Außerdem wurden die Dächer neu gedeckt.
Auch wenn die Restaurierungsarbeiten von Profis erledigt wurden – rund um die Baustelle haben Gemeindemitglieder zugepackt, insbesondere Rüdiger Hertel und Gunther Kreß vom Kirchenvorstand. Sie haben die Außenanlagen nach den Arbeiten in Ordnung gebracht und den Dachboden entrümpelt.
Die 300 und 400 Kilogramm schweren Bronzeglocken im Glockenturm der Hausener Kirche
„Ein Sonntag für einen guten Zweck“ vor 25 Jahren
Bei herrlichem Sommerwetter konnte rund um das Dorfgemeinschaftshaus ein buntes Programm dargeboten werden. Begonnen hatte der Tag mit einem feierlichen Gottesdienst, an dem der Posaunenchor Oberaula und der Kirchenchor Hausen mitwirkten, und in dem Hausener Kinder, eine gelungene Aufführung präsentierten. Im Anschluss konnte zum Anlass des 60-jährigen Bestehens der Freiwilligen Feuerwehr Hausen eine Fahrzeug- und Geräteausstellung der Oberaulaer Feuerwehren, verstärkt durch KatS Fahrzeuge des Schwalm-Eder-Kreises, sowie der mobile Einsatzleitwagen, besichtigt werden. Abgerundet wurde die Darbietung der Feuerwehr durch praktische Vorführungen, in denen die Gefährlichkeit von Fettbränden und Spraydosen-Explosionen gezeigt wurden.
Gleichzeitig hatte Herr Pfarrer Rainer Knoth einen Informationsstand aufgebaut. Mit selbstgebastelten Modellen und Zeichnungen, sowie mit alten Teilen der Läute-Mechanismen aus verschiedenen Kirchen der Gemeinde Oberaula, erläuterte er interessierten Besuchern die technischen Probleme der Kirche von Hausen.
„Sonntag für einen guten Zweck“ Vorläufer des heutigen Kartoffelfest
Für das leibliche Wohl war bestens gesorgt. Der Backverein bot Backspezialitäten aus dem Hausener Backhaus an, der Frauentreff Kuchen, Torten und Kaffee. Der Reservistenverein grillte, die Burschenschaft sorgte für Getränke und Musik. Wer wollte, konnte in der mobilen Unfallhilfsstelle des DRK Oberaula seinen Blutdruck messen sowie den Blutzuckerwert bestimmen lassen.
Für Kurzweile war besonders bei den Kindern gesorgt. So konnte beim MTC Aulatal mit einem Kindermotorrad gefahren werden, die Thekenmannschaft veranstaltete ein Pokal-Torwandschießen und ermöglichte ein T-Shirt nach eigenen Motiven bedrucken zu lassen. Selbstgestaltete Buttons, beim DRK gepresst, wurden von den Kindern stolz angesteckt. So manches Kindergesicht verwandelte sich in eine Katze, eine Maus oder in ein anderes Tier, nachdem es von Doris Kister und Nina Schaake geschminkt worden war.
Besonders beachtenswert war die Initiative von 3 Mädchen, Kerstin Schwalm (8), Sabrina Lamps (10) und Isabel Battenberg (7), die durch das Einflechten von Haarbändern und den Verkauf von selbst hergestellten Schüttelgläsern 40 DM einnehmen konnten und diesen stolzen Betrag durch Zugabe von ihrem Taschengeld auf 50 DM aufstockten.
Dank aller Beteiligten und teilnehmenden Gäste konnte an diesem besonderen Tag ein Erlös von 5.335 DM für das Erklingen der Hausener Kirchenglocken erzielt werden.
Wissenswertes:
Erstmals fand die Aktion „Ein Sonntag für einen guten Zweck“ am 27.08.1995 statt und war der Vorläufer des heutigen Kartoffelfest. Es wurde ein Pflegebett mit vielem Zubehör angeschafft und war jahrelang in Hausen im Einsatz. Erst vor wenigen Jahren wurde das Pflegebett einen Hilfstransport mitgegeben.
Wer kann sich noch an die Taufe im DGH und an den Täufling erinnern? Der junge Mann ist heute vom 30. Geburtstag nicht mehr weit entfernt.
Anfangs war die Gründung eines Fördervereins ins Auge gefasst worden. Man wollte für das Wiedererklingen der Hausener Kirchenglocken ein breiteres Fundament schaffen. Aber in Hinblick auf eine eventuelle Jahrfeier verwurf man schnell diese Idee.
So wurde am 15. April 1999 der Hausener Verein für Heimat und Brauchtum e.V. gegründet. Das Amt des 1. Vorsitzenden übernahm Ullrich Allendorf. Einen finanziellen Grundstock legte Ullrich Allendorf selbst, indem er zu seinem 50. Geburtstag seine Gäste bat, man sollte doch Zuwendungen für ihn, für den guten Zweck spenden. Eine wahrhaft tolle Idee, die immerhin 3.000 DM in die Vereinskasse spülte.